Mittwoch, 17. Dezember 2008

Die Telekom fährt Bahn


Im Grasgrünen Telekom-Lack fährt seit kurzem eine Taurus-Lok der ÖBB über die heimischen Schienen, und eine Aufschrift verkündet:
"Internet 1. Klasse".
Da haben sich die Werbetexter aber ein tolles Wortspiel ausgedacht.
Erste Klasse im Zug? Also: teuer, weniger Leute aber genauso schnell wie mit der zweiten Klasse!
Aber das war wohl nicht gemeint.
Es soll wohl heißen: die beste Klasse die es gibt. Aber Moment: Die ÖBB haben doch eben erst ihren Railjet vorgestellt, und mit ihm die neue "Premium Class". Das Telekom-Internet ist also "nur" erste Klasse. Aber das wahr wohl auch nicht gemeint. Sei's wie es sei: Ich surfe weiter in der 2.Klasse und hoffe, dass es bald freies WLAN in jedem Zug gibt - ob Telekom oder nicht.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Glühlampen-Verbot

Zwei Dinge sind unendlich: Die menschliche Dummheit und das Weltall. Bei letzterem bin ich mir allerdings nicht so sicher (Albert Einstein)

Wie recht er doch hatte! Die EU hat also beschlossen, in sechs Stufen bis 2016 den Rest licht-biologisch gesunden Kunstlichts abzuschaffen. Anscheinend müssen durch die Nichtraucher-Kampagnen frei werdende Kapazitäten in unserem Gesundheitssystem wieder gefüllt werden.

Zunächst einmal zur Klarstellung, da darüber nur ungenaue Meldungen kolportiert werden: alle "matten" Glühlampen dürfen ab 2009 nicht mehr verkauft werden, alle "klaren" sollen bis 2016 vom Markt verschwinden (siehe das zugehörige technical briefing der EU). Als Ersatz für die matten Glühbirnen wird eindeutig die "Kompaktleuchtstofflampe" favorisiert. Die klaren Lampen sollen vorerst durch Halogenlampen ersetzt werden, später sollen auch die (weniger effizienten) Halogenlampen verschwinden.

Um den Menschen den Umstieg zu erleichtern (was ja eigentlich nicht notwendig ist, wenn es keine Alternative gibt) wird ihnen erklärt, dass
  1. das Licht der guten LSL genau so schön wie das der bösen Glühbirnen ist,
  2. dass wir alle so und so viele Terawattstunden Strom sparen, und
  3. dass die Ökobilanz der guten Energiesparlampen um sovieles besser ist als die der bösen Glühlampen.
Zum Punkt 1:

Sichtbares Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen, das weiß eh schon jedes Kind. Weniger bekannt ist aber, dass die Zusammensetzung von Licht, also der Mix aus verschiedenen Wellenlängen bei verschiedenen Leuchtmitteln sehr unterschiedlich sein kann. Zunächst muss man wissen, dass sogenanntes weißes Licht eine Mischung aus allen möglichen "Farben" ist, lediglich unser Auge (genauer: das Sehsystem) "mischt" sie zu Weiß oder zu einer anderen Farbe. Wenn man eine weiße Fläche am Computer-Monitor mit einer guten Lupe betrachtet, wird man sehen, dass da nur rote, grüne und blaue Punkte sind. Allein aus drei Farben lassen sich also (nahezu) alle anderen mischen. Ebenso gibt es Leuchtmittel, die nicht alle Farben des Spektrums verwenden, um Weiß zu erzeugen (die also kein kontinuierliches Spektrum wie die Sonne und die Glühlampe besitzen), sondern nur einige wenige daraus benutzen. Die Leuchtstofflampe ist so ein Leuchtmittel (siehe untenstehende Grafik von General Electrics):

Äpfel:


Birnen:


Der Mensch kann mit unbewaffnetem Auge nicht feststellen, ob eine Lichtquelle ein Linienspektrum oder ein kontinuierliches Spektrum besitzt. Wenn man direkt in die Lampe oder auf eine beleuchtete weiße Fläche schaut, ist es durchaus möglich, dass die Sparlampe sich nicht von einer Glühlampe unterscheiden lässt. Die Welt besteht aber nicht aus weißen Flächen. Gegenstände reflektieren bestimmte Wellenlängen und schlucken andere. Die Mischung der zurückgestrahlten Frequenzen ergibt dann die Grundlage für die Farbe, die das Gehirn sieht. (Welche Farbe das genau ist, ist sehr schwierig zu bezeichnen, denn das hängt von vielen Faktoren, wie Kontrasten, Wissen über den Gegenstand usw., ab) Diese Farben "stimmen" bei einer Sparlampe einfach nicht, und viele Menschen empfinden das Licht als "trostlos". Dass das auf Dauer psychische Auswirkungen hat, liegt auf der Hand.

Selbsverständlich gibt es keine "richtigen" Farben, die ein Gegenstand besitzt, aber es gibt eine Ausgewogenheit, die wir gewohnt sind, weil wir uns Millionen Jahre lang daran angepasst haben.

Abgesehen von der verfälschten Farbwiedergabe durch eine Lampe mit einem Spektrum wie oben links abgebildet, haben verschiedene Spektralfarben eine biologische Wirkung auf den Menschen, indem sie Zirbeldrüse und Hypophyse anregen, Hormone zu produzieren oder diese Produktion hemmen. Heute verbringen wir sehr viel Zeit bei künstlichem Licht. Leider gibt es kaum Untersuchungen, wie sich die Langzeit-Bestrahlung mit einer unnatürlichen Quecksilberlampe auswirkt. Es ist zwar unseriös, ohne solche Studien einen Zusammenhang zwischen dem schon lange an den Arbeitsplätzen verwendeten Leuchtstoffröhren-Licht und bestimmten Zivilisationserkrankungen (die auch ihre Ursache im Hormonungleichgewicht haben können) herzustellen, aber auffällig ist die Zunahme solcher Leiden allemal.

Anstatt unser Geld in Medikamente, Wellness-Artikel und Seminare zum Stressabbau zu stecken, könnten wir es ja auch dazu verwenden, einfach das bisschen mehr an Strom zu bezahlen, das eine Glühlampe braucht, um die wohltuende und Wirkung eines kontinuierlichen Spektrums mit weniger Blau-Anteil zu verbreiten.

Zum Punkt 2:

Sparlampen sparen wirklich Strom, das ist unbestritten. Interessanterweise ist die Einsparung selbst bei Halbierung der Lebensdauer und Verdopplung der Wattzahl (Leider ist eine 11W-Sparlampe nicht genau so hell wie eine 60W-Glühbirne, obwohl es auf der Verpackung steht) bei Sparlampen immer noch sehr hoch - Auf Wikipedia gibt es eine nette Rechnung:

Anschaffungskosten + Stromverbrauch x Strompreis = Gesamtkosten

(15 x 1,95€) + (60W x 15000h x 0,20€/kWh) = 209,25€

(1 x 9,22€) + (11W x 15000h x 0,20€/kWh = 42,22€

Einsparpotential = 167,03€

Wenn wir als Lebensdauer 7000 Stunden annehmen und 21W statt 11W nehmen, sieht die Rechnung so aus:

(7 x 1,95€) + (60W x 7000h x 0,20€/kWh) = 97,65 bzw.:

(1 x 10,90€) + (21W x 7000h x 0,20€/kWh) =40,30

Einsparpotential = 57,35 das sind in den urspr. 15 Jahren: 122,89€

Wieviel vom Gesamtstromverbrauch das allerdings ist, lässt sich schwer abschätzen: die Angaben für den Anteil der Beleuchtung am Stromverbrauch im Haushalt gehen sehr weit auseinander: Zahlen von 1% bis 20% werden genannt. Wesentlich höher ist der Anteil der Energiekosten für Heizung, Kochen, Warmwasser, Aircondition etc. Hat irgendwer jemals davon gehört, dass Heizlüfter und Elektroherde verboten werden sollen? Die wandeln nämlich nur maximal 25% der Primärenergie in Wärme um, während es bei Erdgas bis 95% sind.

Leider kann man nie genau sagen, wie lange eine Energiesparlampe wirklich hält: Ich habe einmal drei Ikea-Sparlampen gekauft, die, parallel verwendet, nach einem Monat alle kaputt waren. Andererseits habe ich auch welche zuhause (Ja, auch ich verwende sie, wo sie sinnvoll sind!) die schon seit 10 Jahren ihren Dienst tun. Wenn die Streuung der individuellen Lebensdauern aber so groß ist, kann ich keine Einsparung ernsthaft kalkulieren.

Noch ein Punkt zur Lebensdauer von (Allgebrauchs-)Glühlampen: das sind genau 1000 Stunden. Warum? Nicht etwa aus physikalischen Gründen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. Es gibt immer wieder Stimmen, die behaupten, die Industrie begrenze die Lebensdauer auf 1000 Stunden, um einen größeren Gewinn zu erzielen (siehe: Glühlampen-Kartell). Das mag stimmen, aber bei dem geringen Preis einer Glühlampe würde eine längere Lebensdauer überhaupt nicht zur Reduktion der Energiekosten beitragen: je länger man die Lebensdauer einstellt, desto mehr Strom braucht man für die gleiche Lichtleistung.

Eine weitere bedenkenswerte Tatsache sollte man aber auch nicht außer Acht lassen: Glühlampen tragen ja auch zur Erwärmung des Raumes bei (zumal man gerade im Winter die Raumbeleuchtung länger eingeschaltet hat), diese Energie muss man also anderweitig aufbringen. Noch dazu - so man einer britischen Studie glauben schenken darf - neigen Menschen dazu, von Sparlampen beleuchtete Räume stärker zu beheizen, da man diese psychologisch als kälter empfindet.

zu Punkt 3:

Dies ist der schwierigste Punkt in der Diskussion: Energiesparlampen brauchen mehr Energie bei der Produktion (in China, wo womöglich keine westlichen Umweltschutz-Standards eingehalten werden) als Glühlampen, enthalten giftige Stoffe (hauptsächlich Quecksilber und Flammschutzmittel auf der Platine) und man braucht wieder Energie um die Lampen zu entsorgen, bzw. zu recyclen.

Angeblich ist die Ökobilanz dennoch positiv, da bei der höheren Strom-Produktion für den Betrieb von Glühlampen mehr Quecksilber entsteht, als in Leuchtstofflampen enthalten ist.

Und das ist wahrlich ein merkwürdiges Argument, denn es funktioniert nur, solange der Strom aus schmutzigen Wärmekraftwerken kommt, und nur dann, wenn diese Kraftwerke aufgrund des Glühlampenverbots weniger Strom produzieren.

Falls nämlich - z.B. weil die Konsumenten vermehrt Öko-Strom-Anbieter in Anspruch nehmen, oder weniger Kohlekraftwerke arbeiten - der Quecksilber-Ausstoß sinkt, dann stimmt es nicht mehr, dass in LSL weniger Quecksilber enthalten ist - und die positive Ökobilanz ist futsch. Falls andererseits die schmutzigen Kraftwerke weiterhin genausoviel Quecksilber ausstoßen, weil der Stromverbrauch nicht sinkt, oder es nicht gelingt, die Entsorgungsquote zu erhöhen (es werden in Deutschland angeblich nur 5% der Sparlampen ordnungsgemäß entsorgt), hat die ganze Aktion nur zusätzliches Quecksilber in die Umwelt gebracht.


Die Sparlampen-Diskussion hat in den Medien und in den Internet-Foren leider eine Ideologische Dimension bekommen. Das ist sehr schade, denn Menschen, die aufgehört haben, Fakten abzuwägen und stattdessen die anderen als Klimaschädlinge, respektive als Eu-Jasager bezeichnen, nützen der Sache der Umwelt- und Gesundheitspolitik ungefähr so viel wie ein religiöser Fanatiker der Sache der Menschenrechte.



Links zum Thema:

Zeitschrift Ökotest - hat getestet und kommt zu einem katastrophalen Ergebnis
Lichtbiologie - Alexander Wunsch mit nicht unumstrittenen Theorien
Kommentar im Standard - Gedanken eines Lichtplaners zum Thema - samt Forum
Technical Briefing - der EU
Wikipedia-Artikel - Kompaktleuchtstofflampe

Montag, 1. Dezember 2008

Lateral Thinking Puzzles

Kennen Sie das? Zwei Leute sitzen an einem Kaffeehaustisch, in eine eigenartige Konversation verstrickt: Hat er die Möwe absichtlich geschossen? Ja. Hat er früher schon mal Möwenfleisch gegessen? Nein. Hat es was mit seiner Frau zu tun? Ja. Lebt seine Frau noch? Nein.

Männer die Möwen essen, im Fahrstuhl nur bei Regen bis oben fahren, sich erschießen weil sie keine Sägespäne sehen oder nackt mit einem abgebrochenen Streichholz in der Wüste liegen. Das sind die Themen einer Kategorie von Rätselgeschichten, die meist tödlich enden (der Mann im Fahrstuhl ist einer der wenigen, der das Rätsel überlebt). Es funktioniert so: einer stellt eine Frage, wie: "ein Mann fährt im Auto, als auf einer Brücke die Musik abbricht, steigt er aus und springt in den Tod. Warum?" die anderen müssen nun Fragen stellen, die man mit ja oder nein beantworten kann.

Das Erstaunliche ist nun, dass jede Geschichte, sei sie auch noch so abstrus und abgründig, erraten werden kann, wenn die Leute nur hartnäckig genug Fragen stellen. Dabei hilft weder Logik noch Menschenkenntnis. Die Gewinnstrategie ist einfach: Fragen stellen, die möglichst abseits des Themas liegen. Lateral also. Deswegen nennt man diese Rätsel im Englischen auch Lateral Thinking Puzzles.

Auf der Seite www.lateralpuzzles.com kann man überdies feststellen welch sprachbegabte Menschen sich mit diesen merkwürdig unliterarischen Geschichten beschäftigen - hier der Post eines Users als Antwort auf ein gar zu simples Rätsel (Polizist hält Lastwagenfahrer, der gegen die Einbahn unterwegs ist nicht an. Lösung: er geht zufuß.):

A truck driver is going along a one way street in the opposite direction to the flow of traffic consisting of motorised conveyances of various specifcations and designs which were obeying the relevant signage, the current highway code and the relevent traffic laws. A policeman noticed the man because he had a large inflatable replica of the duke of kent complete with flashing LED eyes sticking out of his huge mexican sombrero.
Observing that the man was not a relation of the chief of police and didn't have a beard, high vis vest, a wedding ring or in any danger of falling into a hole. The policeman, who was on duty, not on a stakeout and could, if he so desired bring down the full might of the law as per his obligation to uphold the Queens regulations and support acts of parliment so proposed by the commoners and aproved by the house of Lords, decided that no breach of said laws and/or regulations apertaining in this instance to the current highway code (availble from Her majesty book store for £6.99 cash or you can order online with a valid UK credit/debit card) had occured.

Mir ist die Zeit voraus

Irgendwann vor zehn oder zwanzig Jahren muss es passiert sein: ich habe ein paar Minuten verloren. Meine Zeit hat hinter der Zeit der Welt seither einen Rückstand, der nicht mehr aufzuholen ist: die Welt ist immer ums Arschlecken schneller:

Zeichnung von Walter MoersHeute ist mein freier Tag! Herrlich! Heute kann ich endlich erledigen, was die ganze Woche liegengeblieben ist: Fenster Putzen, Wäsche waschen, die Lampe im Vorzimmer reparieren und dann diese zwei Schachteln mit alten Geräten aussortieren – ja und dann will ich noch diesen Videoanruf machen, weil ich die Verbindungsqualität testen möchte, ob sie brauchbar ist, für einen Live-Einstieg in der nächsten Frunz-Show.

Ich hab bis Zehn geschlafen! Ach, das passt schon, schließlich bin ich erst um halb drei nach Haus gekommen. Erst einmal gemütlich frühstücken und dabei im Internet die Zeitung lesen.

Ich lege also das Toastbrot mit Schinken und Käse in den Toaster und schalte den Laptop ein. Während er hochfährt, werfe ich die Espressomaschine an. Mist: das Internet geht nicht. Da hat's was mit der Wlan-Verbindung zu meinem Server im Arbeitszimmer. Also checke ich das schnell. Als ich ins Arbeitszimmer komme, sehe ich, dass sich meine Zimmerpflanzen schon ziemlich traurig hängen lassen – na dann werden wir sie rasch gießen, das geht ja schnell. Vielleicht sollte ich noch ein wenig Dünger ins Gießwasser geben?

Als ich im Abstellraum das Regal nach dem Grünpflanzendünger durchsuche, fallen mir diese beiden Kisten ins Auge, die ich heute ja noch ausräumen werde und damit ich's nicht vergess' stell ich sie schon mal ins Vorzimmer. Halt! Was ist das für ein Geruch? Verdammt, der Toast. Toaster ausschalten, Fenster aufreißen... da liegt auch schon der Blumentopf am Boden. Gut, die Erde muss ich gleich wegkehren, sonst verteil ich sie noch in der ganzen Wohnung. Ich gehe zum Kasten, wo ich Besen und Mistschaufel aufbewahre und muss mit Schrecken feststellen, dass ich die Espressomaschine nicht ausgeschaltet habe (das ist so eine Nespresso-Maschine ohne Automatik): der Kaffee rinnt schon auf den Küchenboden.

Ich werde den Wischmop aus dem Abstellraum holen müssen. Aber vorher beseitige ich noch die Blumenerde, kehre sie auf die Schaufel und will sie in den Abfalleimer werfen, wobei ich feststelle, dass dieser randvoll ist. Daher lege ich die Mistschaufel vorsichtig beiseite und entsorge erst einmal den Müll. Leider stehen auf dem Weg durchs dunkle Vorzimmer – wollte ich nicht heut die Lampe reparieren? - diese beiden Kisten am Boden und mich streut es der Länge nach hin. Der Müll verteilt sich zwanglos am Boden des Vorzimmers und macht auch nicht vor der Schwelle des angrenzenden Wohnzimmers halt. Herr, machs gar!

Gut, also den Müll einschaufeln. Aber womit? Die Schaufel ist voll. Und das alles ohne Kaffee! Nein, erst einmal muss ich Kaffee trinken, dann wird zugepackt. Als ich das Wasser in den Tank der Espressomaschine nachfülle, steige ich beiläufig in die mit Erde gefüllte Mistschaufel – das kann mich jetzt aber nicht mehr schockieren, ruhig bleibe ich in der Erde stehen und warte diesmal bis die Kaffeetasse voll ist. Ich muss sowieso den Boden aufwischen, also macht es jetzt nichts mehr, dass Erde an meinem linken Fuß klebt während ich die Tasse neben den Laptop stelle.

Das mit dem Toast ist ein kleines Problem, denn der Toaster ist komplett versaut. Gut, wasch ich die Herausnehmbaren Teile halt schnell ab. Ich lass Wasser in die Spüle laufen, während ich feststelle, dass das Spülmittel aus ist. Aber ich habe ja als guter Hausmann immer eine Ersatzflasche daheim. Die ist im Abstellraum. Slalom durch den Müll in den Abstellraum, ja da steht sie ja! Und gleich daneben der Pflanzendünger! Den nehm' ich auch gleich mit. Und weil ich ja schon wieder so viel Zeit verloren hab, geb ich ihn gleich ins Gießwasser – ich könnte ja auch noch gleich die Pflanzen gießen – das geht ja schnell. Als ich ins Arbeitszimmer komme und am Bildschirm des Servers vorüber gehe, fällt mir diese Fehlermeldung auf: Deswegen geht das Wlan also nicht! Ich klicke die Fehlermeldung weg, versuche ein paar Fenster zu öffnen, um den Status der Verbindung zu sehen – der Kübel reagiert langsam wie eine Schnecke. Ich werde ihn wohl herunterfahren und neu Starten müssen. Aber das dauert, endlich reagiert er... und hängt sich auf. Also hilft nur noch rohe Gewalt in Form eines zweisekündigen Drucks auf den Ausschaltknopf. Na dann warte ich gleich, bis er wieder hochgefahren ist, um das Passwort einzugeben. Nach einigen Minuten ist alles soweit – so, jetzt müsste auch die Internetverbindung vom Laptop wieder funktionieren.

Als ich in die Küche komme und auf den Laptop losstarte, muss ich mich etwas zu steil in die Kurve gelegt haben, denn meine Füße rutschen auf dem vom inzwischen übergelaufenen Spülwasser nassen Boden aus und ich schlage mit dem Kopf gegen die Kaffeetasse, deren Inhalt zielsicher seinen Weg in die Zwischenräume der Laptop-Tastatur findet. Nachdem ich ohne Beachtung meines schmerzenden Kopfes aufgesprungen bin, würge ich den Computer ab, ziehe das Kabel raus und bete, dass die Schaltkreise stromlos sein mögen. Flüssigkeiten schaden dem Gerät nämlich hauptsächlich indem sie Kurzschlüsse verursachen. Ich werde das Ding also auseinander nehmen, reinigen und trocknen müssen, bevor ich es wieder verwenden kann. Also heute kein Video-Call mehr (Weil ich das unbedingt mit dem Laptop machen muss, um Originalbedingungen zu simulieren). Keine Online-Zeitung beim Frühstück – falls ich überhaupt jemals zu einem Frühstück komme.

Gut. Kaffeeversuch die Dritte. Diesmal bewege ich mich keinen Zentimeter weg von diesem Ort – obwohl – das Spülmittel habe ich irgendwo stehen lassen. Das hol ich schnell. Ich finde es neben der Gießkanne. Ob ich es diesmal schaffe, die Blumen zu gießen? Geht ja schnell. Und ich schaffe es. Und ich schaffe es, mit dem Spülmittel zurückzukommen, den Kaffeeautomaten rechtzeitig abzustellen, das Spülmittel ins Wasser zu gießen... warum es nicht schäumt? Ich denke, Blumendünger schäumt eben nicht. Aber wo habe ich dann das Spülmittel hingegossen? Langsam freunde ich mich mit der Vorstellung an, dass Männer auch weinen können dürfen. Aber noch gebe ich mich nicht geschlagen. Ich leere den restlichen Inhalt der Gießkanne in die Spüle und putze die Toaster-Teile. Ich will Toast und ich werde Toast kriegen.

Nur, dass jetzt kein Schinken mehr da ist ist. Ich könnte mir ja auch ein Marmeladebrot streichen, aber ich will nun einmal Schinken. Basta. Ich werde mal kurz in den Supermarkt gehen und welchen kaufen. Aber ich gehe nie aus dem Haus, ohne vorher zu duschen. Das mach ich jetzt. In meinem Bad steht die Waschmaschine und weil ich ohnehin schon so viel Zeit verloren hab, kann ich ja auch gleich die Wäsche reinstopfen. 40° Programm Nummer 2 und los geht's. Dann steige ich unter die Dusche und beschließe, mich zu entspannen – bis ich dieses Geräusch höre: Tok tok tok... das kommt aus der Maschine. Hab ich etwa vergessen, die Taschen meiner Jeans auszuräumen? Etwa das Handy?

Ich springe aus der Dusche, nicht ohne dabei auszurutschen und mit dem Rücken gegen die Armatur zu knallen – das hat weh getan. Ich atme ein paar Sekunden tief durch, dann schalte ich die Maschine ab, warte, bis sich die Tür öffnen lässt und hole das kaputte aber saubere Handy aus der Hose. Ok, das ist heut also nicht mein Tag. Ich trockne mich rasch ab, ohne meinen schmerzenden Rücken zu beachten, schlüpfe schnell in ein Tshirt und in die Hose – nein, in eine trockene natürlich. Dann laufe ich zum Supermarkt.

Dass ich an der Kasse merke, dass ich kein Geld eingesteckt habe, ist mir gar nicht mehr so peinlich, nachdem mich eine besorgte Dame hinter mir auf die Blutflecken am Tshirt aufmerksam macht. Ich komme ohne Schinken nach Hause und ziehe erst einmal das Shirt aus, das bereits schmerzhaft an mir klebt. Dann streiche ich mir ein Marmeladebrot.

Vorsichtig, ohne mit dem Rücken die Sessellehne zu berühren, sitze ich am Küchentisch und rekapituliere den bisherigen Tag, während ich den kalten Kaffee in stiller Verzweiflung schlürfe. Eine Beule am Kopf, zerschundene Knie, ein zerschundener Rücken, ein Kaputter Laptop, ein kaputtes Handy, eine Wohnung voller Müll und eine Wasserlache am Küchenboden, die sich langsam mit Erde und Kaffee mischt. Ich streiche Fensterputzen von meiner Agenda.

Heute werde ich wohl noch die Wohnung sauber kriegen müssen. Dann werde ich den Laptop zerlegen, reinigen, und wieder zusammen bauen und feststellen, dass einige Teile übriggeblieben sind, die eigentlich ganz innen sein sollten. Dann geh ich in mein Stammlokal und esse etwas. Dann werde ich zurückkommen und bemerken, dass ich die Waschmaschine nicht wieder eingeschaltet habe, dass ich für morgen keinen Toastschinken im Kühlschrank habe, dass es im Vorzimmer noch immer finster ist, dass die Schachteln noch immer herumstehen – und dass meine Zimmerpflanzen aus einem unerklärlichen Grund alle eingegangen sind.

Dann werde ich mich aufs Sofa legen und nachdenken, warum ich nichts erledigt habe, obwohl ich den ganzen Tag nur herumgerannt bin, und draufkommen, das alles damit angefangen hat, dass das Wlan nicht gegangen ist. Dann werde ich meiner Freundin eine Mail schreiben wollen, worin ich mich entschuldige, dass ich telefonisch nicht erreichbar bin und gleich darauf werde ich feststellen, dass mein Internet überhaupt nicht geht, also die Wlan-Verbindung gar keinen Fehler gehabt hat.

Ich weiß nicht, irgendetwas läuft falsch, seit ich vor einigen Jahren ein paar Minuten verloren hab.