Dienstag, 9. Dezember 2008

Glühlampen-Verbot

Zwei Dinge sind unendlich: Die menschliche Dummheit und das Weltall. Bei letzterem bin ich mir allerdings nicht so sicher (Albert Einstein)

Wie recht er doch hatte! Die EU hat also beschlossen, in sechs Stufen bis 2016 den Rest licht-biologisch gesunden Kunstlichts abzuschaffen. Anscheinend müssen durch die Nichtraucher-Kampagnen frei werdende Kapazitäten in unserem Gesundheitssystem wieder gefüllt werden.

Zunächst einmal zur Klarstellung, da darüber nur ungenaue Meldungen kolportiert werden: alle "matten" Glühlampen dürfen ab 2009 nicht mehr verkauft werden, alle "klaren" sollen bis 2016 vom Markt verschwinden (siehe das zugehörige technical briefing der EU). Als Ersatz für die matten Glühbirnen wird eindeutig die "Kompaktleuchtstofflampe" favorisiert. Die klaren Lampen sollen vorerst durch Halogenlampen ersetzt werden, später sollen auch die (weniger effizienten) Halogenlampen verschwinden.

Um den Menschen den Umstieg zu erleichtern (was ja eigentlich nicht notwendig ist, wenn es keine Alternative gibt) wird ihnen erklärt, dass
  1. das Licht der guten LSL genau so schön wie das der bösen Glühbirnen ist,
  2. dass wir alle so und so viele Terawattstunden Strom sparen, und
  3. dass die Ökobilanz der guten Energiesparlampen um sovieles besser ist als die der bösen Glühlampen.
Zum Punkt 1:

Sichtbares Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen, das weiß eh schon jedes Kind. Weniger bekannt ist aber, dass die Zusammensetzung von Licht, also der Mix aus verschiedenen Wellenlängen bei verschiedenen Leuchtmitteln sehr unterschiedlich sein kann. Zunächst muss man wissen, dass sogenanntes weißes Licht eine Mischung aus allen möglichen "Farben" ist, lediglich unser Auge (genauer: das Sehsystem) "mischt" sie zu Weiß oder zu einer anderen Farbe. Wenn man eine weiße Fläche am Computer-Monitor mit einer guten Lupe betrachtet, wird man sehen, dass da nur rote, grüne und blaue Punkte sind. Allein aus drei Farben lassen sich also (nahezu) alle anderen mischen. Ebenso gibt es Leuchtmittel, die nicht alle Farben des Spektrums verwenden, um Weiß zu erzeugen (die also kein kontinuierliches Spektrum wie die Sonne und die Glühlampe besitzen), sondern nur einige wenige daraus benutzen. Die Leuchtstofflampe ist so ein Leuchtmittel (siehe untenstehende Grafik von General Electrics):

Äpfel:


Birnen:


Der Mensch kann mit unbewaffnetem Auge nicht feststellen, ob eine Lichtquelle ein Linienspektrum oder ein kontinuierliches Spektrum besitzt. Wenn man direkt in die Lampe oder auf eine beleuchtete weiße Fläche schaut, ist es durchaus möglich, dass die Sparlampe sich nicht von einer Glühlampe unterscheiden lässt. Die Welt besteht aber nicht aus weißen Flächen. Gegenstände reflektieren bestimmte Wellenlängen und schlucken andere. Die Mischung der zurückgestrahlten Frequenzen ergibt dann die Grundlage für die Farbe, die das Gehirn sieht. (Welche Farbe das genau ist, ist sehr schwierig zu bezeichnen, denn das hängt von vielen Faktoren, wie Kontrasten, Wissen über den Gegenstand usw., ab) Diese Farben "stimmen" bei einer Sparlampe einfach nicht, und viele Menschen empfinden das Licht als "trostlos". Dass das auf Dauer psychische Auswirkungen hat, liegt auf der Hand.

Selbsverständlich gibt es keine "richtigen" Farben, die ein Gegenstand besitzt, aber es gibt eine Ausgewogenheit, die wir gewohnt sind, weil wir uns Millionen Jahre lang daran angepasst haben.

Abgesehen von der verfälschten Farbwiedergabe durch eine Lampe mit einem Spektrum wie oben links abgebildet, haben verschiedene Spektralfarben eine biologische Wirkung auf den Menschen, indem sie Zirbeldrüse und Hypophyse anregen, Hormone zu produzieren oder diese Produktion hemmen. Heute verbringen wir sehr viel Zeit bei künstlichem Licht. Leider gibt es kaum Untersuchungen, wie sich die Langzeit-Bestrahlung mit einer unnatürlichen Quecksilberlampe auswirkt. Es ist zwar unseriös, ohne solche Studien einen Zusammenhang zwischen dem schon lange an den Arbeitsplätzen verwendeten Leuchtstoffröhren-Licht und bestimmten Zivilisationserkrankungen (die auch ihre Ursache im Hormonungleichgewicht haben können) herzustellen, aber auffällig ist die Zunahme solcher Leiden allemal.

Anstatt unser Geld in Medikamente, Wellness-Artikel und Seminare zum Stressabbau zu stecken, könnten wir es ja auch dazu verwenden, einfach das bisschen mehr an Strom zu bezahlen, das eine Glühlampe braucht, um die wohltuende und Wirkung eines kontinuierlichen Spektrums mit weniger Blau-Anteil zu verbreiten.

Zum Punkt 2:

Sparlampen sparen wirklich Strom, das ist unbestritten. Interessanterweise ist die Einsparung selbst bei Halbierung der Lebensdauer und Verdopplung der Wattzahl (Leider ist eine 11W-Sparlampe nicht genau so hell wie eine 60W-Glühbirne, obwohl es auf der Verpackung steht) bei Sparlampen immer noch sehr hoch - Auf Wikipedia gibt es eine nette Rechnung:

Anschaffungskosten + Stromverbrauch x Strompreis = Gesamtkosten

(15 x 1,95€) + (60W x 15000h x 0,20€/kWh) = 209,25€

(1 x 9,22€) + (11W x 15000h x 0,20€/kWh = 42,22€

Einsparpotential = 167,03€

Wenn wir als Lebensdauer 7000 Stunden annehmen und 21W statt 11W nehmen, sieht die Rechnung so aus:

(7 x 1,95€) + (60W x 7000h x 0,20€/kWh) = 97,65 bzw.:

(1 x 10,90€) + (21W x 7000h x 0,20€/kWh) =40,30

Einsparpotential = 57,35 das sind in den urspr. 15 Jahren: 122,89€

Wieviel vom Gesamtstromverbrauch das allerdings ist, lässt sich schwer abschätzen: die Angaben für den Anteil der Beleuchtung am Stromverbrauch im Haushalt gehen sehr weit auseinander: Zahlen von 1% bis 20% werden genannt. Wesentlich höher ist der Anteil der Energiekosten für Heizung, Kochen, Warmwasser, Aircondition etc. Hat irgendwer jemals davon gehört, dass Heizlüfter und Elektroherde verboten werden sollen? Die wandeln nämlich nur maximal 25% der Primärenergie in Wärme um, während es bei Erdgas bis 95% sind.

Leider kann man nie genau sagen, wie lange eine Energiesparlampe wirklich hält: Ich habe einmal drei Ikea-Sparlampen gekauft, die, parallel verwendet, nach einem Monat alle kaputt waren. Andererseits habe ich auch welche zuhause (Ja, auch ich verwende sie, wo sie sinnvoll sind!) die schon seit 10 Jahren ihren Dienst tun. Wenn die Streuung der individuellen Lebensdauern aber so groß ist, kann ich keine Einsparung ernsthaft kalkulieren.

Noch ein Punkt zur Lebensdauer von (Allgebrauchs-)Glühlampen: das sind genau 1000 Stunden. Warum? Nicht etwa aus physikalischen Gründen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. Es gibt immer wieder Stimmen, die behaupten, die Industrie begrenze die Lebensdauer auf 1000 Stunden, um einen größeren Gewinn zu erzielen (siehe: Glühlampen-Kartell). Das mag stimmen, aber bei dem geringen Preis einer Glühlampe würde eine längere Lebensdauer überhaupt nicht zur Reduktion der Energiekosten beitragen: je länger man die Lebensdauer einstellt, desto mehr Strom braucht man für die gleiche Lichtleistung.

Eine weitere bedenkenswerte Tatsache sollte man aber auch nicht außer Acht lassen: Glühlampen tragen ja auch zur Erwärmung des Raumes bei (zumal man gerade im Winter die Raumbeleuchtung länger eingeschaltet hat), diese Energie muss man also anderweitig aufbringen. Noch dazu - so man einer britischen Studie glauben schenken darf - neigen Menschen dazu, von Sparlampen beleuchtete Räume stärker zu beheizen, da man diese psychologisch als kälter empfindet.

zu Punkt 3:

Dies ist der schwierigste Punkt in der Diskussion: Energiesparlampen brauchen mehr Energie bei der Produktion (in China, wo womöglich keine westlichen Umweltschutz-Standards eingehalten werden) als Glühlampen, enthalten giftige Stoffe (hauptsächlich Quecksilber und Flammschutzmittel auf der Platine) und man braucht wieder Energie um die Lampen zu entsorgen, bzw. zu recyclen.

Angeblich ist die Ökobilanz dennoch positiv, da bei der höheren Strom-Produktion für den Betrieb von Glühlampen mehr Quecksilber entsteht, als in Leuchtstofflampen enthalten ist.

Und das ist wahrlich ein merkwürdiges Argument, denn es funktioniert nur, solange der Strom aus schmutzigen Wärmekraftwerken kommt, und nur dann, wenn diese Kraftwerke aufgrund des Glühlampenverbots weniger Strom produzieren.

Falls nämlich - z.B. weil die Konsumenten vermehrt Öko-Strom-Anbieter in Anspruch nehmen, oder weniger Kohlekraftwerke arbeiten - der Quecksilber-Ausstoß sinkt, dann stimmt es nicht mehr, dass in LSL weniger Quecksilber enthalten ist - und die positive Ökobilanz ist futsch. Falls andererseits die schmutzigen Kraftwerke weiterhin genausoviel Quecksilber ausstoßen, weil der Stromverbrauch nicht sinkt, oder es nicht gelingt, die Entsorgungsquote zu erhöhen (es werden in Deutschland angeblich nur 5% der Sparlampen ordnungsgemäß entsorgt), hat die ganze Aktion nur zusätzliches Quecksilber in die Umwelt gebracht.


Die Sparlampen-Diskussion hat in den Medien und in den Internet-Foren leider eine Ideologische Dimension bekommen. Das ist sehr schade, denn Menschen, die aufgehört haben, Fakten abzuwägen und stattdessen die anderen als Klimaschädlinge, respektive als Eu-Jasager bezeichnen, nützen der Sache der Umwelt- und Gesundheitspolitik ungefähr so viel wie ein religiöser Fanatiker der Sache der Menschenrechte.



Links zum Thema:

Zeitschrift Ökotest - hat getestet und kommt zu einem katastrophalen Ergebnis
Lichtbiologie - Alexander Wunsch mit nicht unumstrittenen Theorien
Kommentar im Standard - Gedanken eines Lichtplaners zum Thema - samt Forum
Technical Briefing - der EU
Wikipedia-Artikel - Kompaktleuchtstofflampe

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